Er war kein Mann der großen, vor allem, der vielen Worte – zumindest nicht als legendärer US Marshal Matt Dillon in „Rauchende Colts“. Das Reden übernahmen eher Miss Kitty, die Saloonbesitzerin oder Festus, der Hilfssheriff. In über 600 TV-Folgen sorgte Dillon, alias James Arness mit überlegener stoischer Ruhe und einer extrem schnellen Hand für Recht und Ordnung in Dodge City. Und wenn er in dieser wilden Zeit einmal doch ins Wanken geriet, so brachte ihn sein Lebenswille, seine Vitalität und Zähigkeit, manchmal auch die Hilfe seiner Freunde wieder ins Spiel zurück. Obwohl einige der bekanntesten und größten Revolverhelden der Westerngeschichte wie Morgan, Virgil und Wyatt Earp samt Doc Holiday dort als Gesetzeshüter mit Blei und Schrot oft (mit) Faust Recht sprachen, so stach doch Dillons Eleganz und pflichtbewußte Souveränität deutlich hervor. Auch weil er seine Gegner oft um eineinhalb Haupteslängen überragte.
Things that come, had to be done
Mit seinen 1,98m wirkte er nicht nur imposant, sondern so ehrfurchtsgebietend, dass ein Haufen verwegener Outlaws einen großen Bogen um die Stadt im mittleren Südwesten der USA machten. Hätten sie um Dillons geheimste Gedanken gewußt, möglicherweise hätte es viel häufiger Konfrontationen mit dem berühmten Marshal gegeben. Aber Dillons bester Kumpel Arness vertraute es einer größeren Gemeinde erst nach dem Ausscheiden seines Freundes aus dem offiziellen Dienst an: „Zwar sei es vielmals unvermeidbar gewesen, dass schnell gezogen werden musste, aber Matt hat Gewalt verabscheut und nach einer Tötung Abscheu empfunden“. Eine Regung, die bisher irrtümlich als genervt gedeutet wurde.
Oft genügte es daher, dass sein Marshall-Stern nur kurz in der Dunkelheit aufblitzte und schon waren späte Zecher in Kittys Saloon beruhigt. Böse Buben kamen manchmal wieder – jedoch niemals mit ausreichender Verstärkung. Denn Dillon konnte sich auf seine Freunde in Dodge City verlassen. Insbesondere auf Doc, der zwar weit, sehr weit weg von den medizinischen Zentren im Osten der USA lebte, indes allzeit die neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse und Behandlungsmethoden zur Hand hatte. Gegebenenfalls brachte er sie nach inständig heftigen Bitten trotzig zur Anwendung. Den Christian Barnard vorwegnehmend führte er, wenn es darauf ankam,mit eiskalt ruhigem Händchen selbst Operationen dicht am Herzen durch. Dafür genügte oft der wissend traurige Blick Kittys und das blecherne Stimmbruch-Gejammer von Festus. Dann flößte Doc seinem Freund eine Flasche Hochprozentigen aus dem nahen Saloon ein und machte sich mit feuergeläutertem Messer an den Eingriff. Meist schon nach einem halben Tag war Dillon wieder fit und sprang von der Liege auf. Putzmunter, vielleicht noch ein wenig von Kittys Fusel verkatert, mit kaum verheilter Wunde, aber scheinbar ungeschwächt schwang sich Dillon mit den hingezischten Worten: „Doc, ich muss reiten“ auf sein Pferd und folgte seiner Marshals-Pflicht.
Am Freitag, dem 3. Juni 2011, hat er sich mit hellbraunem Hut und Jacke, dem roten Hemd mit silberglänzendem Marshal-Stern auf seine letzte Mission begeben. Er reitet auf seinem braunen Pferd nach Westen, dem Sonnenuntergang entgegen, immer weiter und weiter.